2013

“Orden


Wenn ein Picasso mit einem Rembrandt quatscht

Generalprobe der Schwarzen Elf vor Fachpublikum aus der Narrenszene
Bayerischer Rundfunk zeigt seine Aufzeichnung am 18. Januar

SCHWEINFURT · Genau genommen hat die Generalprobe der Schwarzen Elf heuer zwei Tage gedauert. Schon am Mittwoch und Donnerstag tagsüber standen die Akteure auf den Bühnenbrettern der Stadthalle: Der Bayerische Rundfunk hatte sich wieder einmal die Kolpingnarren ausgesucht für seine Sendung „Franken Helau“. Die TV-Profis verlangten den Amateur-Spaßmachern einiges mehr ab als sonst vor Premieren üblich. Ton, Licht und Bildeinstellung müssen hundertprozentig passen, deshalb werden Laufwege und Standorte trainiert. Ein Riesenaufwand ist das, den der BR da treibt.

Ein ganzes Jahr dauert die Vorbereitung, sagt Produktionsleiter Ulrich Prill. Vor einem Vierteljahr war er mit 20 Leuten schon einmal in Schweinfurt, um die Details zu besprechen, die Stellplätze für die Übertragungswagen, die für die acht Kameras, den ganzen Technikkram halt. Jetzt umfasste der BR-Tross 50 Köpfe, Kameraleute, Beleuchtungsmeister, Regieassistenz, Kabelschlepper. Die Kompetenzen sind klar geregelt. Prill hat so etwas wie die Oberleitung, weil er fürs Geld zuständig ist. Aufnahmeleiterin Andrea Rüdiger gibt als „Chefin vom Dienst“ die Kommandos.

Was in den 90-minütigen Zusammenschnitt kommt, den der BR am 18. Januar um 22 Uhr sendet, dafür zeichnet Redakteur Rüdiger Baumann verantwortlich. Wie wählt er aus? „Wie ein Witz erzählt ist, der Witz soll neu sein, da haben wir alle ein Pferdegedächtnis“, lacht er. Viele Nummern haben eine Geschichte, die dürfe man durch Schnitt nicht zerstören. „Ich kann aber die Nebenlinien rausnehmen.“ Und schließlich die Reaktion des Publikums.

Donnerstag 20 Uhr: Alle acht Kameras sind besetzt, im Ü-Wagen warten Regisseur Thomas Meisner, übrigens aus Würzburg und Faschingerfahren, Regie-Assistentin Katharina Meißner und Cutterin Edith Schneider auf den Startschuss, den Redakteur Baumann und Bernhard Schlereth, Präsident des Fastnachtsverbandes, geben. Wer hier sitzt, „darf gefilmt werden, eine Haftung für die falsche Frau auf dem Platz daneben“ übernehme man nicht, flachsen sie.

Dann endlich Einzug mit den Stadtpfeifern, dem Elferrat. Sitzungspräsident Ludwig Paul junior teilt dem Bayernland gleich mal mit, wo gesendet wird: „Der Name Schweinfurt stammt genau/Der Chronik nach vonera Sau,/Un 'furt', dos stammt vom seicht'n Mee,/Da sen' die Säu nü groß un' klee“. Dass er den alten Schrannenmeister Kupfer zitiert, interessiert im Freistaat nicht.

24 Gesellschaften haben Abordnungen geschickt, die Antöner, die ESKAGE aus der Stadt, fast alle Narrenvereine aus dem Kreis sind da, ein paar von weiter weg. Sie geben Laut, sobald ihr Name aufgerufen wird. Als Paul sieht, dass „Berch“ und „Rafeld“ beieinander sitzen, da sagt er, dass man nicht verbinden solle, „was die Natur getrennt hat“. Paul ist gut drauf an diesem Abend. Der KoKaGe Wiesentheid mit einem Marschtanz folgt „Laubbläser“ Helmuth Backhaus. Als Hausmeister macht er im wahrsten Wortsinn ordentlich Wind. Es wird ein Rundumschlag von der Politik („Helmut Schmidt steht hinter Steinbrück, weil er sich als Raucher über jede Pfeife freut“) bis zum Sport. Am Ende bläst er mit dem blödesten Arbeitsgerät aller Zeiten Angela Merkel auf.

„Aerobic“ heißt die Nummer der sehr sportlichen sechs Herren und neun Damen der Turngruppe. Aber das ist mehr, das ist eine grandiose Mischung aus Akrobatik und Athletik, die die von Katharina und Michael Kitz trainierte Truppe auf die Bretter fegt. Der Funke springt auch zum Publikum über, es jubelt und fordert erfolgreich eine Zugabe.

Jonas Paul ist an der Reihe, der sich recht kritisch dem Thema Abitur widmet. Ihm passt nicht, dass die Reifeprüfung in vielen Ländern leichter zu kriegen ist, dass andersherum der Bayern-Kollegiat mit dem Studienwunsch Kunst gar nicht zum Zug kommt, weil er in Mathe durchgefallen ist. Den Studienplatz hierzulande besetze dann ein Bremer, den Jonas Paul zwischen zwei Bayern als „Bildungslücke“ sieht. Der Nachwuchsmann ist reifer geworden, textsicher, er garniert seinen Auftritt mit seinem Gitarrespiel und kalauert gekonnt. Weil am Bahnhofs-Klo eine Zahlenreihe eingetippt werden müsse, bekomme der Begriff Code-Nummer eine neue Bedeutung. Die BR-Leute haben das Talent aus der Paul-Dynastie längst entdeckt. Die Schwarze Elf vertrat er bei der schon gesendeten Närrischen Weinprobe.

Tag im Museum. Thomas Spath spielt ein Bild von Picasso, Manfred Göbel eines von Rembrandt. Sie „hängen rum“ und begegnen im Museum Putzfrau Bettina Niedermeier, die die Patina auf den Bildern für Dreck hält. Picasso und Rembrandt reüssieren, dass eine ihnen bekannte Skulptur es noch schlechter hat, weil ihr die Tauben auf den Kopf scheißen. Der Name Rückert fällt nicht, er ist aber gemeint.

Vor der Pause noch der Augenschmaus „Wetterkapriolen“, 50 Akteure der Tanzgruppe (Ingrid Klier) als Wind, als Regentropfen, als Sonne, als Wolken wirbeln zu den unterschiedlichsten Songs (Azzurro heißt blau, Es ist viel zu heiß, Regenbogen). Die stolzen Gesichter – vor allem der ganz Kleinen – die Kostümvielfalt, welch Arbeit steckt allein hinter diesem Auftritt.

Pause, Ehrungen, Peter Kuhn, ein Höhepunkt, wie so oft. Dieses Mal keine Politik. Kuhn, im Schlafanzug, berichtet von schlaflosen Nächten, deren Gründe dafür er ideenreich in teils hanebüchene Verse formt. Schafe zählen, fern schauen, auch Yoga, nutzlos, er muss den Schlaf tagsüber nachholen, weil: „Vielleicht hat's mancher schon bedacht,/ich bin Beamter gute Nacht“. Nur der Schluss war keine Überraschung.

Das Männerballett hat sich fürs „Alpenglühen“ in Dirndl geworfen. Fabian Wahler nennt seine Lebenspartnerin zwar „Schatzi“, springt mit ihr aber wenig freundlich um. Vielen Kalauern fehlt der Witz, manche sind dünn wie der: „Mann mit Grill, sucht Frau mit Kohle“.

Besser macht das Doris Paul, die Mutter von Jonas. Sie hat eine Familienfeier, konkret die Kommunion der Tochter, zum Thema. Es kommt vor, was wir alle schon erlebt haben, und deshalb auch an: Wohin die zerstrittenen Angehörigen setzen, wer hat was geschenkt, was haben die uns mal geschenkt?

Stasi und Blasi alias Adi Schön und Ludwig Paul junior kommen mit Lokalem, als einzige, was zur Folge hat, dass sie wohl nicht in die Sendung kommen. Alles ist drin, der verweigerte 200-Euro-Zuschuss für die Telefonseelsorge, die Konversion, die Fähre in Wipfeld, der mickrige Weihnachtsbaum. Dass die Bushäuschen nur drei Sitzplätze haben, liegt am ersten Busverantwortlichen Ulrich Lapp. Der hat sie geplant und ist „der einzige Schweinfurter, der nur zwei Freunde hat“.

Es ist schon nach Mitternacht, als die Kreuzfahrt auf der Narriona ablegt. Die „Alten“ Peter Kuhn und Raimund Mayer haben sich vier junge Kolpingnarren an Bord geholt. Die Nummer mit Tanz und Lied ist eine gute Idee, sie hat auch witzige Passagen, auch einige weniger lustige („Meuterei auf der Sniggers“), aber sie hat vor allem ein Manko: zu lang.

Mit den Sunnyboys vom Baggersee endet lautstark eine fünfstündige Generalprobe mit vielen Höhen, aber auch ein paar Hängern. Mal schauen, was die Leute vom BR sich für nächste Woche Freitag aus dieser Generalprobe rausfischen. Fotoserie der Mainpost © by Waltraud Fuchs-Mauder und Hannes Helferich

© Hannes Helferich
Quelle: Volkszeitung Schweinfurt

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