2010
Peter Kuhn führt in das CSUnami-Land
Schwarze Elf startet den Reigen ihrer Prunksitzungen – Büttenreden, Tänze und Akrobatik
SCHWEINFURT · Einen Riesen-Aufmarsch gab es zum Start der Schwarze-Elf-Prunksitzungen, als im Gefolge der Stadtpfeifer gleich 30 Gardetänzer der Buchnesia Nürnberg, das Schweinfurter Prinzenpaar samt seiner ESKAGE-Hausmacht und eine schier endlose Zahl von Elferräten in der Stadthalle einzogen. So eng wurde es da auf der Bühne, dass buchstäblich ein Käfig voller Narren entstand. Darin konnte es losgehen, mit der Fastnachts-Spin(n)erei nach dem Motto der Kolpingnarren, „Bei uns is' schöö!".
Durchweg hielt die Veranstaltung, was sie unter diesem Motto versprochen hatte, lebte von Witz und Satire, wunderbaren Kostümen, beeindruckender Akrobatik und gelungener Choreographie. Auch Situationskomik sorgte immer wieder für Begeisterung, wie etwa bei der närrischen Auszeichnung von Oberbürgermeisterin Gudrun Grieser und der CSU-Europa-Abgeordneten Anja Weisgerber. Als hätten sie es abgesprochen, erschienen beide in schwarzer Hose und rotem Jäckchen, Letztere nur zusätzlich noch mit Federboa. Und schon hatte Sitzungspräsident Ludwig Paul die Lacher auf seiner Seite, als er witzelte, dass im Gegensatz zu Weisgerber die OB in ihrer längeren Amtszeit scheinbar doch die eine oder andere Feder habe lassen müssen.
Führungskräfte oder – welche Blöden es in Vereinen sonst noch gibt – standen auch auf der Tagesordnung bei den „Faschingsmuffeln", die sich in dem Ort mit dem schönen Namen „Brönz" zur Jahreshauptversammlung des Vereins „MuFfeL e. V., Männer und Frauen für erhöhte Lebensfreude" trafen. „Grandios" war auch der zum Vereinsfest vorbereitete englische Liedvortrag des Schriftführers, wenngleich in der Aussprache noch „leicht überarbeitungsbedürftig". Das „Mein Gott, ist der blöd!" seiner Vereinskollegen gereichte hier aber sogar zur Auszeichnung. Immerhin hatte der Schriftführer als Einziger überhaupt etwas getan, während sich andere Nachfolge-Kandidaten der zur Kandidatur nicht mehr bereiten Ersten Vorsitzenden, „Frau Frieser", in Reden und anderen Unnötigkeiten gefielen.
Peter Kuhn schlüpfte in die Rolle als „Kapitänin", und „sie" führte ihre Gäste über das bekannte Traumschiff, ein Schiff also, auf dem jeder von etwas anderem träumt. Optisch durften sich die Zuschauer dabei entscheiden, ob die Perücke des Akteurs eher der Frisur von Gudrun Grieser oder der von Angela Merkel ähnelte. Seine Rede ließ keinen Zweifel daran, dass mit den Schiffsjungs unter der Kapitänin Vertreter der großen deutschen Politik gemeint waren: solche, die eine Reise Richtung Jamaika antraten, wie man sie in Saarbrücken buchen könne, oder solche aus dem „CSUnami-Land"; wo ein Binnenschiffer mit dem Namen „See-Hoffer" auf der kleinen MS Bavaria poltere. Mitfahrer müssten da zur Rettungsweste greifen, weil das Klima nicht allzu günstig sei und es bei hohem „Westerwellengang" kühler werde, auf dem über 60-jährigen Dampfer, der einst „Teutonic" hieß.
Viagra und die Blumen
Lustig ging es bei Fabian Wahler zu, der sich in der Kleingartenromantik des Ostens räkelte und über die Vorteile von Viagra zum Erhalt von Schnittblumen nachdachte. Als Politesse vom Land agierte Doris Paul, und viel lieber ausruhen als arbeiten wollte der „personifizierte Computer" Thomas Spath. Brillant, wie er als Maschine seinen Bühnen-Spielpartner Manfred Göbel nervte und daraus ein regelrechter Kleinkrieg entstand. Der Computer-Anwender wollte es dabei seinem Apparat zeigen und umgekehrt; getreu dem bestens bekannten Motto: Da will man am Computer schnell ein Problem lösen, und dann ist der Computer selbst das größte Problem.
Mit einer „Grazilität" der Extraklasse, wuchtig, wacklig, krummbucklig und hampelnd, präsentierte sich das sichtlich auf den Storch gekommene Männerballett, und eine Augenweide – freilich der etwas anderen Art – war bei der Premierensitzung auch die Buchnesia aus Nürnberg. Ebenfalls sehr hübsch war der Beitrag der Tanzgruppe der Schwarzen Elf, wo die zahlenmäßig größte Gruppe, äußerst fidele Rentner, dem Trend der Zeit folgten und zusammen mit Vertretern aller übrigen Generationen einen Tanz durchs Leben auf die Beine stellten. Der eine oder andere von ihnen hätte sicherlich noch hinauf auf den Berg können, von dem die Turner gerufen wurden. Und auch in diesem Jahr durften die Zuschauer hier staunen, mit welchen Einfällen, welcher Kraft und Balance diese Truppe wiederum neue, kuriose Pyramiden baute.
Bunte Spontitruppe
Die Ortschronisten „Stasi und Blasi" alias Ludwig Paul und Adi Schön beschäftigten sich natürlich mit der „bunten Sponti-Truppe" der Nachfolge-Kandidaten für Gudrun Grieser, zu der sich alle hätten melden dürfen, außer Pfarrer Jochen Keßler-Rosa. Der „Hausmeister" Helmuth Backhaus entdeckte durch die Krise verarmte Reiche, die sich nun mit Kaviar und 1965er Bordeaux begnügen müssten, nachdem sie nicht so viel „Bezahlung ohne nennenswerte Ideen – Boni" erhalten hätten wie Manager. Der eine oder andere könnte da als Straßenmusikant enden, so, wie Jonas Paul, der genau erklärte, wie's geht: „Geld hier, vor meinen Füßen, einwerfen!"
© Eva Landgraf
Quelle: Schweinfurter Volkszeitung