2007

“Orden

Mit der Bahn zum Enten füttern am Main

Schweinfurt (22.01.2007) · "Lachst du schon oder zahlst du noch?" - Unter diesem Motto spielte am Wochenende in der fastnachtlich völlig neu dekorierten Stadthalle die Schwarze Elf. Als Antwort sei festgehalten, dass bei den Kolpingnarren auch heuer wieder häufig gelacht werden darf, dafür aber nicht zu viel bezahlt werden muss. Kurzweilig und für jeden Geschmack sehr unterhaltsam war am Freitag die erste von neun Prunksitzungen, mit der das Faschingstreiben in der Stadt seinen Anfang nahm.

Wie gewohnt eröffneten die Flötenspieler und Trommler der "Schweinfurter Stadtpfeifer" die Veranstaltung der Schwarzen Elf, deren Besucher sich an plattem Witz, bissigem Humor und an Satire ebenso erfreuen durften wie an wunderbarem Gesang, gelungener Show oder atemberaubender Akrobatik. Zu den Stars eines schönen Abends zählte der erst 13-jährige Jonas Paul, der als "aufstrebender kleiner Musiker" ein klasse Début in der Bütt' ablieferte. Einen Knaller nach dem anderen setzte auch sein Onkel und Sitzungspräsident Ludwig Paul zusammen mit Adi Schön als "Stasi und Blasi"; und was meisterhafter Tanz ist, zeigte den Zuschauern der Premiere die Gast-Garde des "RCV Schwarz Weiß Roth". Absolut synchronen Marschtanz vollführten von dort die mittelfränkischen Vizemeister dieser Disziplin, während mit Handstand-Überschlag, Saltos, Rädern, Pirouetten und Spagat-Sprüngen die beiden Tanzmariechen Sarah Meyer und Cornelia Weishäupl beeindruckten.

Nicht nur eine Mischung aus Akrobatik, Krafttraining und Ballett, sondern auch eine äußerst einfallsreiche Choreographie bot die mit langem Applaus bedachte Vorführung der Turner aus der Schwarzen Elf. Fluchs verwandelten sie die Bühne in ein Restaurant, wo freilich alsbald Tische und Stühle zu Turngeräten wurden; auf denen Kellner Handstände machten oder die als Grundstock dienten für verwegenste Hebe-Figuren und Pyramiden.

Mit dem Thema "Problem-Politiker" befasste sich der "Mobi Re-Ha", also der "mobile Reserve-Hausmeister" Helmuth Backhaus. In seinem Rückblick auf Jahres-Geschehnisse wie etwa Gammelfleisch, Papst-Besuch oder Doping bei der Tour de France definierte er den Problem-Politiker als einen, der zum Problem für seine eigene Partei werde. Zu vergleichen sei dies mit manchen Problem-Bären, die ebenfalls mit klimatischen Veränderungen zu kämpfen hätten; - was natürlich steigerungsfähig sei: "Eisbär, Braunbär, Stoi-ber".

Im Zusammenhang mit der Fußball-WM in Deutschland machte Backhaus seine Erleichterung darüber deutlich, endlich nicht mehr der einzige Fahrer mit einer Fahne gewesen zu sein, ehe der Nachwuchs-Büttenredner Jonas Paul sich auf den Weg in die Fußstapfen eines Stefan Mross machte. Angesichts seiner ganzen närrischen Verwandtschaft bei der Schwarzen Elf hat Jonas Paul den Schalk schon im Blut; was nicht nur seine pfiffige Mimik und die kecke Redeweise zeigten, sondern auch der Witz, mit dem der Trompetenspieler seinem begeisterten Publikum darlegte, warum er bei jeder Gelegenheit zum Instrument greife, wie die Mutter ihm den Marsch blase und wann die Trompete auch als Schlagzeug zu gebrauchen sei.

Ähnliche Erfolge als Youngster hatte bereits in den 90er Jahren Fabian Wahler gefeiert. Seitdem freilich ist er zum gestandenen Mann gereift und trat deshalb jetzt als Holzfäller vor sein Publikum. Einen Kalauer nach dem anderen gab es da zu hören, von einem, der den Öl-Multis zeigte, wo's lang geht, indem er sogar steilste Zähne, respektive "Bäume", zu Fall brachte. - Auf 1001 Vorträge bringt er es in seinen eineinhalb Jahrzehnten voll brillantester Büttenreden für die Schwarze Elf noch nicht ganz. Vielleicht deshalb kam Peter Kuhn diesmal aus dem Land von 1001 Nacht in's Mekka der fränkischen Fasenacht, und las den Deutschen und ihren Politikern als "Scheich aus der arabischen Wüste" die Leviten.

Märchen gibt es überall
"Wir Moslems werden meist beklommen, nur als Feindbild wahr genommen", erklärte der Redner im Zusammenhang mit Karikaturen-Streit und brennenden Fahnen, abgesetzter Oper in Berlin und der Tatsache, dass der Papst nicht mehr meinen dürfe, was er meine. Danach freilich hörten die Gäste von den Vorzügen des Orients. Dort entgehe man als Frau dem Tod, wenn man nur seinem Herrscher genügend Märchen erzähle, während in Deutschland Herrscher dem Tod entgingen, wenn sie ihren Wählern genügend Märchen erzählten. Von "Angeladin und der Wunderlampe", sowie von "Ali Stoiber und den 40 Räubern" war da die Rede, und natürlich wurde auch bekannt, warum man sich als "Pascha aus Bayern" wohl kaum einen ganzen Harem leisten könne; - wenn dem Pascha schon eine einzige starke Frau zu viel werde.

Als wahre Augenweide präsentierten sich die rund 50 kleinen, mittelgroßen und großen Akteure der Turn- und Tanzgruppe in ihren schillernd bunten Kostümen. Sie alle waren Hauptfiguren und Spielsteine eines einzigen großen Gesellschafts-Spiels, das in Form von Monopoly und "Mensch ärgere Dich nicht", Scrabble oder auch dem Joker im Kartenspiel über die Bühne ging. Ebenfalls einen wunderschönen Tanz bot die Show-Truppe aus Roth mit ihrem Ausflug zu Zorro, ehe sich mit den Geschehnissen daheim "Stasi und Blasi" alias Ludwig Paul und Adi Schön beschäftigten.

Klar, dass da die große schweinische Ausstellung beleuchtet und auch verdeutlicht wurde, wer dabei das "Stasi-Schwein" sei. Zu erfahren war, dass vor 40 Jahren das Theater nur gebaut worden sei, weil man damals im Stadtrat noch nicht so viel Theater gemacht habe; und zum Umbau des Gefängnisses "Villa Rosa" wussten die Akteure, dass danach der Stadtrat dort genau zweimal Platz finde. Schon bis dahin konnte sich das Publikum kaum halten vor Lachen. Und daran änderte sich nichts, als von dem "Arsch" berichtet wurde, der bei der Landratswahl ein ganzes Dorf verrückt gemacht habe, sowie davon, dass der neue Haltepunkt in Schweinfurt optimal sei für alle, die mit der Bahn zum Enten füttern fahren wollten.

Mann, Frau und das Auto
Mit einem zünftigen Schunkler weiteren Schwung ins Publikum brachte die Sitzungskapelle "Quartetto", bevor Doris Paul sich darüber Gedanken machte, was genau es mit der Dreiecks-Beziehung "Mann, Frau und Auto" auf sich habe. Wer die Akteurin kennt, ahnt bereits, dass dies so manches "Buuh!!" von Seiten der Männer zur Folge hatte. Frauen amüsierten sich dafür umso mehr, als sie hörten, was das starke Geschlecht so alles mit einem Gebrauchtwagen gemeinsam habe, warum Moses 40 Jahre lang kreuz und quer durch die Wüste irrte und was frau zu tun imstande ist, während mann sich mit der Programmierung des Navigationssystems plagt.

Ausgestattet mit rot-schwarzen Kleidchen und unglaublich coolen Netz-Strumpfhosen ritt das Männerballett gen Wilder Westen, wo es buchstäblich "den Vogel abschoss". Doch auch danach gab's noch kein Ausruhen für das Zwerchfell des Publikums, denn mit Doris Bretscher und Thomas Spath trat ein Ulk-"Ehepaar" in Erscheinung, das man als doppelt lädiert bezeichnen könnte. Sie, weil sie mit gebrochenem Fuß im Liegestuhl festsaß; er, weil er über ihrer Rundum-Versorgung die Krise bekam.

"Im Gleichschritt Marsch" bewegten sich auch die sechs Mitglieder der Faschingsmuffel auf die Bühne, die heuer "zur Bundeswehr" gingen und sowohl mit ihrem Talent zu unglaublich komischer Darstellung als auch mit geballtem Humor dafür sorgten, dass unter den Zuschauern kein Auge trocken blieb. Die große Nachtübung, in die gleich der ganze Saal einbezogen wurde, war dafür ein Beispiel. Ebenso wie die Frage, was passiert, wenn einer aus Bayern den Chinesen den Krieg erklärt: "Dann warnen die Chinesen vor der Masse ihrer Panzer und vor ihren zwei Millionen Soldaten. - Der aus Bayern tritt dann zurück, mit der Begründung, er habe keinen Platz für die Gefangenen."

© Eva Landgraf
Quelle: Volkszeitung Schweinfurt

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