

Schwarze Elf startete vor vollem Haus in die Session 2011
SCHWEINFURT · Gut, dass Zeitungsleute hart im Nehmen sind. So schlucken wir tapfer, und schon ist selbst das verdaut, was die Faschingsmuffel der Schwarzen Elf bei ihrer Prunksitzung am Freitag der lokalen Presse ins Stammbuch schrieben. „Das gute alte Tag(es)-Blatt findet vielleicht wieder Verbreitung, wenn man Konfetti daraus macht!" Und auch zur Wehr könne man sich damit noch setzen: „Oder wie bauen Sie ohne Zeitung einen Sichtschutz beim Frühstück? Und wie erschlagen Sie mit dem Internet eine Fliege?"
Sehr unterhaltsam startete die Schwarze Elf in den Fasching 2011, und als Presse vor Ort sind wir erleichtert, dass es nichts mit Schweinfurt zu tun haben kann, was von der Muffel-Truppe gegeißelt wurde. Denn diese war zu Besuch beim „Brönzer Tagblatt", und hörte dort, dass Fasching keine Kultur sei und man deshalb auch nicht hingehen müsse. Aber die Schlagzeile „Islamischer Extremist tötet deutschen Hund" sei geeignet, den erwünschten „lokalen Focus" – kurz: „Locus" – herzustellen, sinnierte der Chef der soeben an die „Muffelburger Allgemeine" verkauften Brönzer Zeitung, Herr Karl-Heinz Säcklein, alias Peter Kuhn.
Toiletten statt Saunen
„Bevor Abgeordnete schwitzen, produzieren sie lieber einen Haufen Mist." Auch der Post-„Nebenjobber" Helmuth Backhaus nahm kein Blatt vor den Mund, als er dem lachenden Publikum erklärte, warum die einst im Bundestag eingebauten Saunen zugunsten großer Toilettenanlagen wieder ausgebaut wurden. Und als er einen Brief an den Vatikan verbotenerweise öffnete, wurde bekannt, dass der Papst den Nobelpreis für Physik bekommt; weil es ihm in fünf Jahren gelungen sei, die Zeit in der Kirche um 100 Jahre zurückzudrehen.
Zurück in eine Zeit, als man in der Karibik Seeräuber fürchten musste, begaben sich die Stadtpfeifer. Erstmals führten sie nicht nur den Elferrat in den Saal, sondern wagten sich auf spieltechnisches Neuland; mit ihrer gekonnten Interpretation des Titels „Pirates of the Caribbean".
Ein großes Lob dem „Wettstreit der Instrumente", wie er von den kleinen und großen Aktiven der Tanzgruppe in Szene gesetzt wurde. Monatelange Näh- und Bastelarbeit und reichlich Kreativität waren nötig, um hier von süßen kleinen Glöckchen über Flöten bis hin zu Pianos, Geigen, Saxofonen und mächtigen Trommeln alles aufmarschieren zu lassen, was verschiedene Musik-Stile genießen lässt. Ebenfalls wunderschön war das „Mäuseballett" der Männer, die in ihren weiß gepunkteten roten Röckchen auf den Käse hüpften, als die sprichwörtliche Katze aus dem Haus war. In heißen Höschen kamen die Turner. Sie scherten sich nicht um die Temperaturen draußen, riefen Sommer und Strandgefühl aus und zeigten wieder einfallsreiche Pyramiden.
Als Gastgarde gab sich die Buchnesia Nürnberg die Ehre, mit großem Beifall, unter anderem für die meisterhafte Vorführung der seltenen gemischten Garde. Als Naturtalent in der Bütt' präsentiert sich seit vier Jahren Jonas Paul. Diesmal bekam der 17-Jährige sogar stehende Ovationen. Diesmal mit Gitarre, Gesang und seinem Oldie-Zweirad, der Simson, war er erschienen. Und auf seiner Reise um die ganze Welt – bis nach Schwemmelsbach – schaffte er mit kessen Sprüchen auch den Übergang in Richtung Gesellschaftskritik.
Als „Wettkönig" hatte sich Thomas Spath bereits zum wiederholten Male verwettet, was sein Sketch-Partner, Manfred Göbel, ausbaden musste. Er durfte helfen, Grundschul-Aufgaben zu lösen, anstatt im Makramee-Kurs zu lernen. Egal, wogegen, „Hauptsache, ich demonstriere", erklärte Peter Kuhn als „Wutbürger", und protestierte gegen alles, was in Deutschland oder Europa schieflief: Deutsche, die sich abschaffen, im doppelten Sinne, oder den Größen-Wahn der Bahn bei Stuttgart 21.
„Multikulti-Mutti" Doris Paul
Austausch-Gäste hoch fünf hatte die „Multikulti-Mutti" Doris Paul zu Gast. Bei so viel Durcheinander half nur eines: Gesprochen wird fränkisch, und auf den Tisch kommen „Klöß', sonst nix". Viel Spaß bereitete der erfrischend „sachkundige" Vortrag von Fabian Wahler, der seinem freien Leben als Single nachtrauerte. „Ich hab' mir gedacht, ich zieh' mit meiner Freundin zamm, wenn die bei mir net putz'n will!"
„Kaum is' die Grieser weg, scho' passiert nix mehr in der Stadt!", stellten Stasi und Blasi alias Ludwig Paul und Adi Schön fest. Welch ein Glück, dass wenigstens der Pfarrer Roland Breitenbach 75 wurde – und im Zusammenhang damit kräftig über die Kirche gelästert werden konnte, ehe die Sunnyboys vom Baggersee lautstark die Sitzung beendeten. Alle weiteren Sitzungen der Schwarzen Elf zu restlos ausverkauft.
Schweinfurter Volkszeitung
Die Kolpings-Narren präsentieren sich in Topform
SCHWEINFURT · "`s wird widder spät!" lautet das Motto der diesjährigen Fastnachstsitzungen der Schwarzen Elf. Und es wird spät bis sich der Vorhang in der Stadthalle zum letzten Mal senkt. Knapp über fünf Stunden dauert das karnevalistische Feuerwerk, dass das Herz eines jeden Fastnachters höher schlagen lässt. Rund 200 Akteure, auf und hinter der Bühne, sind im Einsatz damit den Besuchern die fünf Stunden wie ein Wimpernschlag vorkommen.Und so ist es denn auch, das Programm lässt keine Langeweile aufkommen, vielmehr finden sich in ihm alle Facetten des Humors. Von bissig ironisch bis herb deftig, von tänzerisch anspruchsvoll bis zur gekonnten Akrobatik.

Mit dem Einzug des Elferrates, der Stadtpfeifer und der Gastgesellschaft wird die Sitzung alljährlich eröffnet. Doch schon nach den beschwingten Eingangsworten von Sitzungspräsdent Ludwig Paul kommt die erste Neuerung. Die Stadtpfeifer entführen musikalisch in die Karibik. Ganz neue musikalische Töne des Spielmannszuges, die mit viel Applaus bedacht werden. Helmuth Backhaus "Der Hausmeister der Stadthalle" steigt als erster Redner in die Bütt. Als Protokoller berichtet er über die Verfehlungen in der Politik, im schwedischen Königshaus, in der Kirche oder bei sogannten "Normalos". Er spannt den Bogen vom "Knutbürger" zum "Wutbürger" und zeigt auf, das nicht jeder der in die Kirche geht auch ein Christ ist.
"Ich verspreche Ihnen, es wird heiß auf der Bühne", kündigt Ludwig Paul den Auftritt der Turner an. In der Tat wird es heiß wenn zu Songs wie "Let the Sunshine in" oder "So schmeckt der Sommer" die zehn Mädels und sieben Männer über die Bühne wirbeln. In atemberaubender Geschwindigkeite schlagen sie Saltos und Purzelbäume oder lassen menschliche Pyramiden entstehen. "
Mei Simson und ich" lautet der Vortrag von Jonas Paul. Beim jüngsten Paul in der Bütt hat sich eine Wandlung vollzogen, weg vom Teenie hin zum Entertainer. Die Trompete ist im Eck gelandet, heute kommt er mit Zweitakter und Gitarre. Augenzwinkernd verrät er, das er Respekt vor dem Alter hat. "Vor alte Mopeds, Wein und Whiskey." Er kennt das Oktoberfest und will danach nur noch eins: "Zurück nach Schweinfurt Land."Mit seinen 17 Lenzen hat Jonas Paul noch eine große Zukunft vor sich und das nicht unbedingt nur im Fasching.
Deftig fränkisch geht esbeim Sketch "Der Wettkönig" mit Manfred Göbel und Thomas Spath zu. Bevor beide zum Kurs "Makrame zur Selbstverteidigung" können haben sie mit der Tücke der Hausaufgaben zu kämpfen. Die Moral lautet am Ende: "Nix tun und dumm gucken, das kann man nur in gehobener Position." Mit dem "Wettstreit der Instrumente" aufgeführt von der Turn- und Tanzgruppe sowie der Kindertanzgruppe werden die Besucher in die Pause entlassen. Die Aufführung glänzt durch farbenprächtige Kostüme und durch die musikalische Vielfalt, die von Wiener Kaffeehausmusik über Blue Man Group und Dire straits bis zur bayerischen Blasmusik reicht. Selbst Sitzungspräsident Paul lässt sich anstecken und spielt auf einem imaginären Schlagzeug mit.
Der zweite Teil beginnt mit dem Aushängeschild im Rednerbereich der Schwarzen Elf, mit Peter Kuhn. Kuhn seziert die Doppelgesichtigkeit der Deutschen, sei es bei den Demos gegen Alles und Nichts, "was lange gärt wird endlich gut" sei es in der Frage von Google Street View, "ich bin dagegen, den Demoweg habe ich mir aber schon mal angesehen" oder bei Laufzeitverlängerngen sei es die der Atomkraft oder die von Seehofer als Ministerpräsident. Der "Wutbürger" Kuhn gratuliert den Schwaben zu ihrem Tempo. "Ich hätte nicht geglaubt, dass die nach 16-jähriger Planungszeit schon so weit sind zu protestieren." Seine Frage wo die bürgerliche Mitte sei lässt er unbeantwortet. Was aber der Deutsche bei aller Wut letztlich denkt, das verrät er mit seinem Tinkspruch. "Schluck mers no!"
Streß geplagt kommt Doris Paul als "Multikultimutti" auf die Bühne. Fünf pubertierende Nationen haben sich an ihrem Tisch versammelt. Um dem babilonischen Gewirr zu entkommen führt sie fränkisch als Amtssprache ein und setzt den einen oder anderen Austauschschüler mit Federweißen und Zwiebelkuchen matt.
Mit Stummelschwanz und langen Ohren erscheint das Männerballett bei seinem Mäusetanz. Leider sind manche Käselöcher der Dekoration etwas klein geraten, was die Mäuse am durchkommen hindert. Über die Leiden eines Junggesellen, dessen traute Einsamkeit bald endet erzählt Fabian Wahler. Jetzt, da seine Freundin einzieht, sei sein Leben gelaufen. Alles endet in Gemeinsamkeit, das Konto und auch der Kauf der Trauringe. Die werden nämlich von Mutter und Tochter ausgesucht.
Wussten sie warum der Landrat als letzter Gast zur Verabschiedung von OB Grieser kam? Weil er auch sichergehen wollte, dass sie geht. Nun zu solchen Einsichten kommen Stasi und Blasi, alias Ludwig Paul und Adi Schön. Sie blicken hinter die Kulissen der Rathauspolitik, der des Landkreises und der Kirchenpolitik. Sie werfen Fragen auf nach dem "Wo war die CSU am 1. Mai" oder "warum setzt Würzburg beliebte Pfarrer auf die Straße?" Vielfach konnte man die Antworten auf diese Fragen der Presse entnehmen. Warum? Ganz einfach weil es eine Pressefreiheit gibt. Auch für das "Brönzer Tagblatt" dies zeigen die Faschingsmuffel in augenscheinlicher Weise auf. Sketche, Lieder, selbst kleine Büttenreden sind in ihrer Aufführung versteckt. Eine Auflagensteigerung erreichen sie, nachdem sie das Internet entdeckt haben. Mehr Inserenten bekommen sie durch die musikalischen Kleinanzeigen. Aber aller Eifer nützt nichts, das "Brönzer Tagblatt" wird von der "Muffelheimer Allgemeinen" aufgekauft und damit ist Redaktionsschluss.
Na noch nicht ganz. Denn zum Schluss kommen bei der Schwarzen elf immer die Sunnyboys vom Baggersee und dann entleeren sich noch die Luftballonnetzte an der Decke der Stadthalle. Dann, dann ist aber wirklich Schluss. Dann endet ein vergnüglicher, kurzweiliger, lustiger aber auch nachdenklicher Faschingsabend. Die Schwarze Elf bietet eben die ganze Skala des Karneval und die ist nunmal nicht nur lustig. In diesem Sinne: Helau!!!