„Manni Müllsagg“ im Schrotturmkeller



Schwarze-Elf-Sitzungspräsident Ludwig Paul versucht sich erfolgreich als Kabarettist

Schweinfurt
(hh) Das Programm „Alles Müll, oder was?“ hat noch nicht begonnen, da wird schon gelacht. Matthias Paul von der Schwarzen Elf der Kolpingfamilie, die den Schrotturmkeller seit zwei Jahren bespielt, steht mit einem Behältnis voll Süßigkeiten auf der „Bühne“. Die Besucher sollen - „umgekehrt wie beim Klingenbeutel“ - was herausnehmen, sagt Paul und begrüßt „Oma Inge“, die selten eine Veranstaltung versäume. Wichtig wird das später.

Danach kündigt Adi Schön vom Veranstalter das Programm als „was ganz Besonderes“ an. Erstens, weil es die Kabarett-Premiere von Ludwig Paul ist, der im richtigen Leben noch dazu städtischer Abfallberater ist, und Sitzungspräsident der Schwarzen Elf. Der Startschuss fällt aber noch immer nicht, als er ins Scheinwerferlicht tritt - wegen „Oma Inge“. Die, korrigiert Ludwig Paul seinen Bruder Matthias, sitze nicht nur oft, sondern bei jedem Programm im Schrotturmkeller, „sie weiß es bloß nicht mehr“. Wums. Gelacht wird trotzdem.

Für seine Schlagfertigkeit und spontanen Einschübe wird „Manni Müllsagg“, wie sich Ludwig Paul in Anspielung auf Michl Müller am Ende nennt, noch viele Male Beifall und Jubel im proppenvollen Keller ernten. Paul steigt 1991 ein. Die CSU verliert den Müll-Volksentscheid mit der Folge, dass Abfallberater zur Pflicht werden. Nur: Es gibt keine. Er meldet sich und ist bald einer dieser „Exoten“ bei der Stadt Schweinfurt.

Jede Geschichte, oft aus dem richtigen Leben, unterlegt Paul mit Frotzeleien, Hintergründigem, Seitenhieben und Gemeinheiten. Er nimmt die unfassbare Niederlage der CSU auf den Arm, lästert, dass das Landesamt für Umweltschutz als Ausbildungsort für die Abfallberater ausgerechnet Wackersdorf ausgesucht hat und bringt Beispiele, wie und warum die Bürger bis heute mit dem Begriff Abfallberater nichts anfangen können.

Paul trauert ein wenig der bald verschwundenen Plastiktüte nach, die ihm als Kind als Turnbeutel und im Winter bei Schnee als „Schlitten“ diente. „Machen Sie das mal mit einem Jutebeutel!“ Er spielt mit dem Wort Müll, berichtet vom Müllionär, Müllitär oder dem Müllieu. Immer wieder schildert er Telefonate mit Bürgern zum Müll, die man gar nicht glauben kann, so hanebüchen sind die Anfragen und Äußerungen.

Paul streut bekannte Lieder ein, lässt das Publikum nicht nur die veränderten Mülltexte mitsingen, sondern aktiv mitwirken, verteilt kleine Plastikmülltonnen, das Volk muss die Deckel beim Refrain auf- und zuklappen. Das macht Lärm und allen Spaß, besonders Wolfgang Rücknagel, der auf der Bühne den Takt als Blechtonnen-Drummer vorgeben muss. Es gibt auch einen nachdenklichen Teil, als Paul an die Skandale um das Seveso-Gift oder die Müllverklappung in der Dritten Welt erinnert und den, unter anderem von Rechtspopulisten wie der AfD, abgesonderten Wort-Müll thematisiert. Dafür und für das dazu ausgewählte Georg Danzer-Lied von der „Freiheit“ erhält er Extra-Beifall.

Am Ende outet er dann seine Karrierepläne als Manni Müllsagg. Im Arbeiterlied „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“ wird die Sonne zur Tonne und der Inhalt handelt vom Tod der Made(n). Unsinn ist das, aber den Leuten gefällt's. Mit einer Zugabe hat Paul nicht gerechnet, sie bleibt mau. Sollte der Müllsagg sein Programm wiederholen, müsste er ein paar Längen wie die bei der Präsentation des E-Mail-Mülls entsorgen und das Schwarzmann-Lied übt. Aber insgesamt war das alles andere als Müll.


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